Messer im Vergleich: Ein Küchenchef erklärt die Unterschiede

Tim Sillack ist Küchenchef in der Hamburger Eventlocation „Hensslers Küche“. Hier – mit Blick auf die Elbe – zeigt der Profi beispielsweise in Kochkursen, wie man Speisen perfekt zubereitet. Das richtige Werkzeug spielt dabei eine entscheidende Rolle – und deshalb fragten wir den Küchenmeister nach seinen Messern. Welche Messer sind in der Küche Pflicht? Und was sollte man bei Messern beachten? Darüber hinaus schneidet der 30-Jährige im OSTMANN-Interview kurz an, wie er sich mit einem Messerset von Costa Rica bis nach Kanada durchkämpfte …

Gute Messer sind einem Koch geradezu heilig. Welche sollte jeder zu Hause haben?

Wenn man oft und gerne kocht, sind Messer, die gut schneiden und die sich gut schärfen lassen, das A und O. Ein europäisches Kochmesser oder ein japanisches Santoku, ein Sägemesser, ein Gemüse- oder Tourniermesser sowie einen „Ausbeiner“ sollte man stets griffbereit haben.

„Ausbeiner“ klingt kurios – wozu ist das Messer?

Als „Ausbeinen“ wird das Herauslösen des Knochens aus dem Fleisch bezeichnet. Daher hat das Messer seinen Namen. Mit seiner dünnen Spitze kann man zudem die Sehnen entfernen – dieser Vorgang wird in der Küche „Parieren“ genannt.

Wodurch zeichnet sich ein klassisches Kochmesser aus?

Es hat eine lange, spitz zulaufende und relativ starre, gewölbte Klinge. Mit der Spitze schneidet man Zwiebeln und anderes Gemüse, aber auch die Verarbeitung von Fleisch ist damit kein Problem. Als junger Koch dachte ich immer, es käme auf die Klingenlänge an. Aber es muss nicht länger als 20 Zentimeter sein. Entscheidend ist, dass es gut in der Hand liegt. Ein ordentlicher Griff ist beim Kauf mindestens so wichtig wie die Klinge.

Profis hacken Gemüse mit derartigen Messern oft in einem irren Tempo. Gibt es dabei einen Trick?

Schnell schneiden kann man nur, wenn das Schnittmaterial eine große Auflagefläche hat. Die Klinge liegt dann am mittleren Teil des Mittelfingers an und fliegt auf und ab. Ich nenne diese Haltung „Tigerkralle“ (siehe Foto; Anmerkung d. Red.). Einen Trick gibt es eigentlich nicht. Wie immer macht Übung den Meister. Eines darf man aber niemals machen …

Und zwar?

Während meines Praktikums im Kempinski-Hotel in Dresden habe ich fast mal etwas hinter die Ohren bekommen, weil ich die gehackten Kräuter mit der scharfen Seite zusammenschieben wollte. Das geht gar nicht – dafür nimmt man den Messerrücken. Da das Brett, auf dem man schneidet, härter ist als der Stahl der Klinge, macht man andernfalls das Messer kaputt.

Selbst wenn man Regeln wie diese beherrscht, verliert jede Klinge mit der Zeit an Schärfe. Wie schärft man ein Messer am besten?

Mit Wetzstahl und Schleifstein funktioniert das am besten. Ich spreche in diesem Zusammenhang übrigens nicht vom „Messer schärfen“, sondern von „reaktivieren“ oder „frisch machen“. Man muss sich eine stumpfe Klinge so ähnlich wie stark beanspruchte Haarspitzen vorstellen. Würde man die Messerschneide unter einem Mikroskop betrachten, sähe man abstehende Kleinstteile – vergleichbar mit Spliss bei Haaren.

Bevorzugst du Stein oder Wetzstahl?

Zur Reaktivierung nehme ich täglich Wetzstahl. Nur bei einem Tiefenschliff kommt mein Wasserstein zum Einsatz. Den lege ich auf ein feuchtes Tuch und dann schiebe ich das Messer von mir weg und wieder zu mir hin. So erzeuge ich mit vier, fünf konzentrierten Schleifbewegungen den erwünschten Abrieb.

Was hältst du von Keramikmessern? Angeblich bleiben die für immer scharf …

In der Profiküche haben sich Keramikmesser bisher nicht durchgesetzt. Warum? Weil sie wie ein Teller zerspringen können, wenn sie auf den Boden fallen. Bei einem Stahlmesser kann die Spitze abbrechen, aber es gibt keine Splitter, die im schlimmsten Fall im Essen landen könnten.

Wann kommt dein Sägemesser zum Einsatz?

Damit schneide ich Brot oder auch Obst. Es hat einen Kirschholzgriff und ist nur einseitig geschliffen. Was ihr gerade als Sägemesser bezeichnet habt, kann man übrigens auch „Konditorfichte“ nennen.

Wieso Konditorfichte?

Mit diesen langen, flexiblen Klingen mit Wellenschliff schneidet der Konditor seine Torten. Und zwar in der waagerechten Position. Eine Torte besteht ja bekanntlich aus mehreren Schichten und die baut man eben nacheinander auf, bevor der Meister die Torte letztlich wieder zusammensetzt.

Zu deinem Messerset gehört auch eines mit einer kurzen, gebogenen Klinge – was hat es damit auf sich?

Das ist das sogenannte „Tourniermesser“ – nur damit kann man sauber entlang einer runden oder ungleichmäßigen Form gleiten. Es ist der Klassiker für das Schälen von Kartoffeln oder Äpfeln.

Stimmt es, dass du deinen Messern eine Freundschaft verdankst?

So kann man das sagen. Bevor ich im kanadischen Vancouver als Sous-Chef arbeitete und schließlich hier in Hamburg landete, bin ich in rund elf Monaten von Costa Rica über Guatemala bis nach Kanada gereist – mit meinen Messern im Gepäck. Auf meiner Tour habe ich immer wieder mal in Küchen angeheuert. Und in Costa Rica habe ich Pablo kennengelernt, mit dem mich nun eine Freundschaft verbindet. An seinem Foodtruck habe ich einen überragenden Burger gegessen. Ich wollte genau wissen, wie er die zubereitet – und durfte ihn dann sieben Tage unterstützen. Das klappte nur, weil ich meine eigenen Messer dabei hatte. In Badehose und Flipflops nimmt dich ja sonst keiner für voll.

Das Kochmesser

Die spitz zulaufende Klinge ist meist um die 20 Zentimeter lang. Die leichte Rundung garantiert, dass man mit wenig Druck sehr effektiv arbeiten kann.

Das japanische Santoku

Wie das klassische Kochmesser ist das beliebte Santoku universell einsetzbar. Der Name leitet sich aus den japanischen Worten „san“ und „toku“ ab und bedeutet „Drei Tugenden“. Gemeint ist damit, dass es für Fleisch, Fisch und Gemüse gleichermaßen geeignet ist. Signifikant für diese Messerform ist der hohe Klingenrücken und die eher gedrungene Spitze.

Das Säge- oder Brotmesser

Entscheidend ist hier die lange Klinge (gerne 20 Zentimeter oder mehr) mit dem sogenannten „Wellenschliff“. Nur damit kommt man problemlos durch Fleisch- oder Brotkrusten. Glatte Klingen finden auf rauen Oberflächen keinen richtigen Ansatzpunkt.

Das Tourniermesser

Wer häufig Obst und Gemüse schält, der braucht ein Tourniermesser. Mit der kurzen, gebogenen Klinge kann man der Form des Schnittmaterials optimal folgen. Auch die Entfernung des Kerngehäuses gelingt schnell und unkompliziert.

Der Ausbeiner

Das Ausbeinmesser gehört in die Rubrik „Spezialwerkzeuge“. Nur wenn man große Fleischstücke mit Haut, Sehnen und Knochen selbst parieren will, kommt diese robuste Klinge zum Einsatz. In der Regel übernimmt der Fleischer diese Aufgaben.