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Wie scharf darf man essen?

Wie scharf darf man essen?

Hast du schon mal in Indien gegessen? Oder vielleicht in Mexiko, der Heimat der Chilischote, eine feurige Serrano-Salsa probiert? In vielen Regionen der Welt wird deutlich schärfer gekocht als bei uns. Doch was macht Schärfe eigentlich aus? Und wo ist die Grenze des Erträglichen? Wir lassen uns das Phänomen Schärfe vorsichtig auf der Zunge zergehen.

  1. Schärfe – was ist das eigentlich?
  2. Scoville und das Feuer der Chilischote
  3. Die Grenzen des Erträglichen
  4. „Dragon’s Breath“ – oder die schärfste Schote der Welt

Schärfe – was ist das eigentlich?

Zunächst müssen wir uns darüber im Klaren sein, dass „scharf“ keine Geschmacksrichtung ist. Die Geschmacksrezeptoren auf der Zunge können fünf Qualitäten unterscheiden. Die Klassiker süß, sauer, salzig und bitter müssen nicht näher erklärt werden, aber auch „umami“ ist als Geschmacksrichtung quasi in aller Munde.

Kurz erklärt: Der Begriff „umami“ wurde 1909 von dem japanischen Chemiker Kikunae Ikeda eingeführt. „Umami“ heißt nichts anderes als „herzhaft, würzig“. Der Professor stellte fest, dass bestimmte Geschmackszellen stark auf Salze der Glutaminsäure reagieren. Enthalten sind diese beispielsweise in Parmesan, Sardellen oder in Sojasauce.

Doch zurück zu unserem scharfen Thema: Was genau spielt sich ab, wenn wir Gewürzpaprika, Chili, Pfeffer oder Meerrettich konsumieren? Ganz einfach: Im Mund werden nicht unsere Geschmacksnerven angesprochen, sondern die Wärme- und Schmerzrezeptoren gereizt. Je schärfer ein Wirkstoff ist, umso heftiger wird unserem Gehirn der Reiz einer Verbrennung signalisiert. Im Englischen steht die Vokabel „hot“ übrigens sowohl für „heiß“ als auch für „scharf“. Das passt! Und falls du bei einem kräftigen Chili-Gericht plötzlich das Gefühl hast, du könntest Feuer speien, so kommt auch dieser Eindruck nicht von ungefähr.

Andererseits weiß jeder gute Koch, dass fein dosierte Schärfe das Geschmackserlebnis beim Essen intensiviert. Der Grund: Schärfe fördert die Durchblutung der Schleimhäute – unsere Geschmacksnerven reagieren entsprechend empfindlich.

Scoville und das Feuer der Paprikapflanze

Das Phänomen Schärfe fasziniert die Menschen schon seit Jahrtausenden. Als Erster versuchte der Pharmakologe Wilbur Lincoln Scoville 1912 den Schärfegrad zu systematisieren. Der Amerikaner forschte mit Capsicumpflanzen, zu denen auch die Chilischote gehören. Seine Vorgehensweise war so simpel wie ungenau: Nach dem Prinzip „verdünnen“ und „verkosten“ servierte er seinen Testessern chilihaltige Lösungen. Je stärker die Proben verdünnt werden mussten, um nicht mehr als scharf wahrgenommen zu werden, umso feuriger war im Umkehrschluss ihre Basis.

Zwar hat sich die Messtechnik zur Bestimmung der Schärfe längst geändert, relevant ist aber nach wie vor die Konzentration des Wirkstoffs Capsaicin und die nach dem US-Forscher benannte Scoville-Skala. Auf ihr rangiert die handelsübliche Gemüsepaprika auf dem Wert 0 – sie wird nicht als scharf empfunden. Am anderen Ende der Skala steht reines Capsaicin mit einem Scoville-Grad von bis zu 16 Millionen.

Die Grenzen des Erträglichen

Nun ist das Spannende an der Schärfe, dass unser Schmerzempfinden sehr individuell ist. Die einen verziehen bereits das Gesicht, wenn für Hartgesottene der Spaß gerade erst anfängt. Als relativ mild gilt mit zwischen 100 und 500 Scoville-Einheiten noch die italienische Peperoncini. Schon spürbar heftiger wird es bei der Poblano-Chili-Variante – ihr werden 1.000 bis 1.500 Scoville-Einheiten zugemessen.

Zu den berühmten Jalapeños ist es dann schon ein ordentlicher Sprung. Sie gehören in jedes Chili con Carne und liegen bei zwischen 2.500 bis 8.000 Scoville. Ähnlich verhält es sich mit Tabasco: Auch wenn die Chilisauce für viele bereits der Inbegriff von Schärfe ist, liegt sie mit 2.500 bis 5.000 Scoville-Einheiten eher im Mittelfeld. Etwa doppelt so scharf sind manche Sambals. Die dickflüssigen, ursprünglich aus Indonesien stammenden Würzsaucen auf Chilibasis erreichen 10.000 Einheiten oder sogar mehr.

Extrem wird es dann ab 30.000 Scoville-Einheiten. Cayennepfeffer bringt es auf den Wert 30.000 bis 50.000. Habaneros liegen zwischen 100.000 und 350.000 Scoville-Einheiten. Sie zählen zu den schärfsten Chilis der Welt. Mit 577.000 Einheiten lag die kalifornische Red Savina Habanero lange an der Spitze der Scoville-Skala – sie wurde bis 2006 im Guinness-Buch der Rekorde geführt, ehe sie dann von der Bhut Jolokia abgelöst wurde. Für die Chilischote aus dem Nordosten Indiens schlagen schwindelerregende eine Million Scoville-Einheiten zu Buche. Der menschliche Gaumen ist nicht mehr in der Lage, die Schärfe oberhalb dieser Schwelle zu differenzieren.

„Dragon’s Breath“ – oder die schärfste Schote der Welt

An der Spitze der Schärfeskala ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Wettkampf entbrannt. 2012 wurde die sogenannte Trinidad moruga scorpion zum heißesten Chili gekürt, ehe Züchter aus South Carolina die Carolina Reaper präsentierten. „Reaper“ heißt übersetzt so viel wie „Sensenmann“. Die atemberaubenden Messergebnisse schwanken irgendwo um den Scoville-bis 2,2 Millionen.

Angeblich hat im Mai 2017 ein Pflanzenspezialist aus Wales noch einen draufgesetzt: Mike Smith nennt seine zufällige Kreation fantasievoll „Dragon’s Breath“ (Atem des Drachen). Sie soll es auf über 2,4 Millionen Scoville bringen.

Doch egal, wie der schärfste Chili der Welt auch heißen mag, wer den Brand auf der Zunge mildern will, der sollte nicht zum Wasserglas greifen. Wasser verteilt die Schärfe im Mund, aber sie lindert nicht den Schmerz. Milch und Joghurt helfen, aber noch effektiver ist ungetoastetes Toastbrot bestrichen mit Mascarpone. Falls du also jetzt spontan eine Testreihe starten möchtest: Vergiss das cremige Gegenmittel nicht.